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Studie: Banken finanzieren am liebsten Wohnbauprojekte

Wiesbaden, 06.12.2007 19:38 Uhr (redaktion)

So innovativ und fortschrittlich sich die deutschen Immobilienbanken bei ihren Finanzierungsgeschäften auch in der jüngeren Vergangenheit gegeben haben - geht es an die Finanzierung von Projektentwicklungen, regiert bei vielen Instituten anscheinend immer noch das traditionelle deutsche Sicherheitsdenken. So werden nach einer Studie von Ernst & Young Real Estate vornehmlich Bauträgermaßnahmen von Wohnbauten finanziert. Bei den risikoreicheren Gewerbeprojekten halten sich die Banken zurück, obwohl die Nachfrage offenbar vorhanden ist.

So errechnete Ernst & Young eine Angebotslücke bei Projektentwicklungen im Gewerbebau von 10% bei Entwicklern und 15% bei Bauträgern. Nur rund ein Drittel der befragten Banken ist in diesem margenträchtigeren, aber auch risikoreicheren gewerblichen Baugeschäft aktiv. Dagegen tummeln sich fast drei Viertel der Institute auf dem Markt für Bauträgergeschäfte mit Wohnimmobilien. "Das Bauträgergeschäft im Nutzungsbereich Wohnen bietet aus der Sicht der Banken offensichtlich ein Chancen-Risiko-Verhältnis, das am besten einschätzbar ist", schlussfolgern die Autoren der Studie, Olaf Schmetzer von Ernst & Young Real Estate und Peter Walsh, Doktorand am Lehrstuhl für Immobilienentwicklung und -finanzierung der TU Kaiserslautern, die Umfrageergebnisse.

Rund 50 Banken haben an der Studie, welche die finanzwirtschaftlichen Anforderungen von Projektentwicklungen unter die Lupe nahm, teilgenommen. Davon kamen gut zwei Drittel aus dem genossenschaftlichen und öffentlich-rechtlichen Sektor, 18% waren Universalbanken und 6% Hypothekenbanken. Säulenübergreifend waren Banken mit einer Bilanzsumme zwischen 1 Mrd. und 5 Mrd. Euro die am stärksten repräsentierte Gruppe (37%). Großbanken mit einer Bilanzsumme über 80 Mrd. Euro waren nur mit einem Anteil von 10% vertreten.

Ein Drittel der Kreditanträge wurde 2006 abgelehnt
Knapp die Hälfte der Kreditinstitute gab an, im vergangenen Jahr deutlich mehr Finanzierungsanfragen auf den Tisch bekommen zu haben als noch ein Jahr zuvor. Auf der anderen Seite wurde jedoch etwa ein Drittel der Kreditanträge abgelehnt mit der Begründung, dass das Vorhaben entweder zu risikoreich oder die Eigenkapitalquote zu niedrig war. Auch eine zu geringe Rentabilität des Projekts bzw. ein inhaltlich nicht überzeugendes Konzept nannten die Immobilienfinanziers als Ablehnungsgründe.

Eine Begründung könnte aber auch auf Bankenseite zu finden sein: Moderne Finanzierungsmodelle, die individuell auf die jeweilige Projektstruktur eingehen, tauchen nur bei der Hälfte der Bankangebote auf. Vorhandene Eigenkapitallücken selbst oder per Vermittlung zu schließen, praktiziert nur ein Bruchteil der Banken.

Bei der Kreditprüfung beurteilen Banken sowohl die Bonität des Kreditnehmers (Kreditwürdigkeit) als auch die Qualität des Projekts (Kreditfähigkeit). Die interne Gewichtung dieser beiden Kriterienblöcke fällt je nach Bank unterschiedlich aus. Zwar gab die Mehrheit (35%) der befragten Banken ein Verhältnis von 50:50 an. Weitere 27% legen bei ihren Kreditentscheidungen aber mit 70:30 den Schwerpunkt auf die Projektqualität, 14% gar mit einer Quote von 80:20.

50% Vorvermietung und 43% Vorverkaufsquote gefordert
Ausschlaggebende Faktoren für die Kreditfähigkeit eines Projekts sind allen voran die Lage des Objekts, die Kostensicherheit im Bau sowie der Vorvermietungs- bzw. Vorverkaufsstand. Durchschnittlich fordern die Banken eine Vorvermietungsquote von 50%, die notwendige Vorverkaufsquote liegt im Durchschnitt bei 43%. "Auffallend sind hierbei jedoch die weiten Spannweiten bis zu 80% bei Vorvermietungen und und 90% bei Vorverkäufen", geben Schmetzer und Walsh zu bedenken. Diese verdeutlichten die unterschiedlich stark ausgeprägte Risikopolitik innerhalb der Bankenlandschaft bei der Finanzierung von Projektentwicklungen.

Im Wege der Kreditwürdigkeitsprüfung interessiert sich die finanzierende Bank auf Objektebene insbesondere für den zu erwartenden Cashflow, die Eigenkapitalquote sowie den Verschuldungsgrad. Weniger wichtig sind dagegen Gesamtkapitalrendite und Kapitalstruktur. Bei der Bonitätsbeurteilung des Unternehmens rangieren die bisher realisierten Projekte, ein schlüssiges Betriebskonzept sowie eine adäquate Finanzierungsstruktur ganz oben auf der Prüfungsliste. "Wir sehen auf der Seite der Projektentwickler noch erheblichen Verbesserungsbedarf, insbesondere bei der Aufstellung von Businessplänen", konstatiert Schmetzer. Um Banken stärker - auch bei Gewerbevorhaben - zu engagieren, müssten die Projektvorbereitungen professioneller werden. Der Ball liege bei den Kunden, resümiert Schmetzer. (nik)

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