Berlin, 11.02.2008 19:03 Uhr (redaktion)
Die großen Ratingagenturen lehnen die Übernahme einer Alleinschuld an der Finanzkrise ab.
1st Info: Ratingagenturen?
Ratingagenturen bewerten die Kreditwürdigkeit (Bonität) von Unternehmen und Ländern durch eine Buchstabenkombination (Ratingcode), die in der Regel von AAA bzw. Aaa (beste Qualität) bis D (zahlungsunfähig) reicht.
Ratingagenturen sind zwar private und ausschließlich gewinnorientierte Unternehmen, jedoch genießen sie im Markt eine hohe Reputation. Dieses Ansehen beruht darauf, dass die Beurteiler Unabhängigkeit und Unbestechlichkeit garantieren. Dennoch beurteilen auch Ratingagenturen die Bonität von Unternehmen und Staaten nicht immer gesichert, wie einige Zahlungsausfälle bei Schuldnern mit mittlerem und sogar vereinzelt auch gutem Rating beweisen.
Die beiden bekanntesten Ratingagenturen, die den größten Teil der Unternehmen und Länder weltweit beurteilen, sind Standard & Poor's und Moody's. Als dritter größerer Wettbewerber hat sich als erste nichtamerikanische Agentur Fitch Ratings aus London etabliert. Daneben existieren eine Reihe weiterer Agenturen im Bereich spezieller Geldanlagen, bspw. die Agentur Morningstar für die Bewertung von Investmentfonds. (Wiki)
Details:
Auf die Risiken am US-Markt für schlecht besicherte Hypotheken habe Standard & Poor's schon 2005 hingewiesen, erklärte die Bewertungsgesellschaft in einer Reuters am Montag vorliegenden Stellungnahmen für den Bundestag. Wie sein Konkurrent Moody's wies das US-Unternehmen den Vorwurf aus der Politik zurück, es stehe in einem Interessenkonflikt, weil es bei der Strukturierung verbriefter Anleihen berate, die es dann für den Markt bewerte. Der Rating-Spezialist Oliver Everling kritisiert dagegen ein Duopol der Agenturen, die ihre Methoden nicht offen legten.
Der Finanzausschuss des Bundestages befasst sich am Mittwoch in einer Anhörung mit der Rolle der Ratingagenturen. Ihnen wird vorgeworfen, Schrottanleihen noch dann gute Noten gegeben zu haben, als sie bereits massiv an Wert verloren hätten. Zu ihren schärfsten Kritikern zählt Finanzminister Peer Steinbrück, der zudem kritisiert, die Agenturen strukturierten die Anleihen mit, die sie dann bewerteten - und verdienten damit doppelt Geld.
Standard & Poor's räumt ein, dass die Finanzkrise auch für die Agenturen einige Lehren bereithalte. Es müssten sich aber auch die Investoren um ein "tieferes und differenzierteres Verständnis" für die Wertpapiere, die sie hielten, bemühen. Dabei dürften sie nicht nur das Augenmerk auf das von Ratings hervorgehobene individuelle Ausfallrisiko richten, sondern müssten auch Liquiditäts- und Marktwertrisiken berücksichtigen.
Aus der Krise um die mit dem US-Hypothekenmarkt verbundenen Anleihen habe Standard & Poor's Konsequenzen gezogen, hieß es weiter. So seien Kriterien gestrafft, analytische Modelle modifiziert und häufigere Überprüfungen eingeführt worden. Geplant sei außerdem, dem Markt mehr und bessere Daten über den Ratingprozess zur Verfügung zu stellen. Zudem unterstrich das Unternehmen: "Standard & Poor's berät grundsätzlich keine Emittenten bei der Strukturierung von Wertpapieren oder in anderer Hinsicht." Als Teil des Ratingprozesses stehe man aber in einem "offenen Dialog mit Anleiheemittenten". Dieser diene dem wechselseitigen Verständnis von Agentur und Emittent.
Moody's schrieb in seiner Stellungnahme ebenfalls, es würden Maßnahmen geplant, "um die Unabhängigkeit unseres Ratingprozesses noch klarer unter Beweis zu stellen". Es sei ein "Irrglauben", dass Moody's Beratungsleistungen erbringe. Man sei weder an der Strukturierung noch an der Entwicklung von Verbriefungsprodukten beteiligt. Es könne aber zu "analytischen Gesprächen" mit den Emittenten oder deren Beratern kommen.
Everling kritisiert eine "enttäuschende Rolle" der Agenturen. Mittlerweile begründeten sie mehr als 80 Prozent ihrer Erträge auf Geschäftsbeziehungen zu Emittenten. Damit könnten sie ihre Leistung doppelt verkaufen: Emittenten bezahlen für Ratings und Anleger für den Zugang zu analytischen Berichten. Trotzdem warnt er vor einer voreiligen Regulierung. Die Konsequenz aus dem Versagen der Agenturen müsse nicht weniger, sondern mehr Rating sein, aber bei mehr Wettbewerb.
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