Karlsruhe, 27.02.2008 11:26 Uhr (FS)
Allerdings verstößt das NRW-Gesetz zur Online-Durchsuchung das Grundgesetz. Das Bundesverfassungsgericht hat die umstrittenen Online-Durchsuchung von Computern unter strengen Auflagen erlaubt.
Dem in Karlsruhe veröffentlichten Urteil zufolge dürfen Computer von Verdächtigen mit Spionageprogrammen nur dann ausgeforscht werden, wenn "überragend wichtige Rechtsgüter" wie Menschenleben oder der Bestand des Staates konkret gefährdet sind.
NRW-Gesetz nichtig
Das dem Verfahren zugrunde liegende NRW-Gesetz zu Online-Durchsuchungen erklärte das Gericht wegen zahlreicher Fehler für nichtig.
Mit seiner Entscheidung kippen die höchsten deutschen Richter das bisher einzige Gesetz, das dem Verfassungsschutz die Durchsuchung privater Computer erlaubt. NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) hatte das Gesetz Ende 2006 im Landtag beschließen lassen. Dieses Gesetz ist nach dem Urteil des BVG nichtig. Die Verfassungsrichter kritisierten, das NRW-Gesetz lasse dem Verfassungsschutz schon im Vorfeld konkreter Gefährdungen freie Hand und verstoße damit gegen das Gebot einer Verhältnismäßigkeit der Mittel.
Neues Grundrecht
Die Verfassungshüter entwickelten zudem mit Blick auf die Gefahren der Online-Durchsuchung ein neues "Grundrecht auf die Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme". Dieses Recht auf den Schutz vor Datenausforschung durch den Staat ist laut Urteil nötig, weil die Nutzung von informationstechnischen Systemen heute für die Persönlichkeitsentfaltung vieler Bürger von zentraler Bedeutung geworden ist. Eine Überwachung dieser Systeme und die Auswertung der darauf gespeicherten Daten könne "weit reichende Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Nutzers bis hin zur Profilbildung ermöglichen".
Anlass der Entscheidung war die Klage gegen eine Regelung des Landes Nordrhein-Westfalen, die dem Verfassungsschutz des Landes bereits das Einschleusen von Spionageprogrammen auf Computer sowie die Überwachung der Internet-Kommunikation erlaubt. Das Urteil gilt als richtungsweisend für den Streit in der großen Koalition um die von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) geplanten Online-Durchsuchungen bei Terrorverdächtigen.
Lesen Sie auch das Statement von Brigitte Zypries (Bundesjustizministerin).
(AFP;WDR)
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