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Streitthema Rentenpläne - Rüttgers kassiert immer mehr Absagen

Berlin/Düsseldorf, 28.04.2008 11:38 Uhr (redaktion)

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ist mit seiner Forderung nach Mindestrenten für langjährige Beitragszahler isoliert.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und führende Unionspolitiker lehnten den Vorstoß am Wochenende ebenso ab wie SPD-Chef Kurt Beck. Allein die Linkspartei unterstützte Rüttgers und will die Union nun mit einer Abstimmung im Bundestag bloßstellen.

"Am Grundprinzip der Rentenversicherung - wer mehr einzahlt, bekommt auch mehr heraus - darf nicht gerüttelt werden", betonte Merkel in der "Bild am Sonntag". Die Vorschläge von Rüttgers wichen teils entscheidend vom Beschluss des Leipziger CDU-Parteitages 2003 ab. Beck nannte den Rüttgers-Plan ungerecht. Er benachteilige etwa Mütter, die ihren Kindern zu Liebe zu Hause geblieben sind und deshalb nicht in die Rentenkasse eingezahlt haben. Rüttgers betreibe "Populismus à la Linkspartei", sagte er der "Bild"-Zeitung (Montagausgabe).

Kein Experte sehe in Deutschland die Gefahr einer Altersarmut, sagte Merkel. Mit einer Politik für Beschäftigung und mit privater Vorsorge lasse sich dafür sorgen, dass es diese Gefahr auch in 15 oder 20 Jahren nicht gebe. Die bedarfsabhängige Grundsicherung sorge dafür, dass niemand ohne Unterstützung bleibe, dessen Rente nicht ausreiche. Auch CSU-Chef Erwin Huber wandte sich gegen die Vorschläge aus NRW. "Eine Systemdebatte über die Rente wäre völlig verfehlt", sagte er der "Passauer Neuen Presse".

Der Unions-Fraktionschef im Bundestag, Volker Kauder (CDU), gab Rüttgers' Plänen keine Chance. "Im Vorstand der Bundestagsfraktion hat dieser Vorschlag keine Zustimmung gefunden, weil er ordnungspolitisch falsch ist und außerdem ungerecht. Was sollen denn diejenigen sagen, die mit ihrer Rente knapp über der Grenze liegen, bis zu der der Staat einen Zuschuss gibt", sagte Kauder der "Welt am Sonntag".

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil warf Rüttgers vor, zu niedrige Kosten seines Vorstoßes anzugeben. "Herr Rüttgers hat keine Ahnung von den Zahlen. Ich halte die 2,3 Milliarden für unseriös, das wird um ein Vielfaches teurer", sagte Heil der "Wirtschaftswoche". Experten der Deutschen Rentenversicherung veranschlagen die Kosten nach einem Bericht des "Spiegel" 2030 auf 4,5 Milliarden Euro.

Linke-Fraktionschef Gregor Gysi stellte sich dagegen hinter den Vorstoß. Seine Partei habe bereits im November die gleiche Forderung im Bundestag eingebracht. "Mal sehen, wie die Union abstimmen wird", sagte Gysi der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Zweifellos hat Rüttgers recht, wenn er sagt, dass Geringverdiener zu niedrige Renten haben." Nach 40 Beitragsjahren müsse die Rente mindestens 800 Euro betragen.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung legte unterdessen weitere Rentenforderungen nach. Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) forderte, auch Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Befreit davon solle nur werden, wer in ein berufsständisches Versorgungswerk einzahle oder privat ausreichend vorsorge, zitierte der "Spiegel" aus einem 60-seitigen Bericht Laumanns. Zudem solle ein Rentenbezug in Teilen bereits mit 60 Jahren möglich sein. Damit solle der Übergang in die Rente erleichtert werden.

Auch die Linkspartei forderte eine breitere Basis für die Rentenversicherung. Jeder Erwerbstätige müsse einzahlen, verlangte Gysi. "Der Millionär braucht keine gesetzliche Rente, aber die Rentenkasse braucht den Millionär."

 

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