Berlin/Frankfurt am Main, 24.11.2008 16:19 Uhr (redaktion)
Wie ist eigentlich die Finanzmarktkrise entstanden? Viele Anleger und Aktionäre fragen sich wie es weitergeht und wie der von der Bundesregierung eingerichtete Rettungsschirm für Arbeitsplätze funktioniert. Von IKB, KfW, BayernLB, WestLB, Sachsen LB, Kaupthing-Bank, Lehmann-Brothers und vielen mehr.
Der Anfang Ende 2006
Der Boom ist vorbei. In den USA bricht der Immobilienmarkt zusammen, immer mehr Menschen, die sich mit günstigen Krediten ein Haus gekauft haben, können ihre Kredite nicht mehr bedienen. Amerikanische Banken vermelden erstmals Zahlungsausfälle in Rekordhöhe, aber noch scheint das Problem handhabbar und auf die USA konzentriert.
Juni / Juli 2007
Die Lage spitzt sich zu: Banken und Hypothekenfinanzierer haben in großem Stil untereinander gehandelt und mit Immobilien besicherte Papiere weiterverkauft. Im Sommer 2007 kommt es zu einer wirklichen Hypothekenkrise, zahlreiche Hedgefonds müssen geschlossen und liquidiert werden. Der Markt für Wertpapiere, die auf Immobiliendarlehen beruhen, kommt weitgehend zum Erliegen. Betroffen ist als erstes die New Yorker Investmentbank Bear Stearns.
Juli / August 2007
Die amerikanische Immobilienkrise erreicht Deutschland: Es wird bekannt, dass sich auch zahlreiche deutsche Banken am US-Hypothekenmarkt verspekuliert haben und nun Gelder in Millionenhöhe abschreiben müssen. Besonders hart trifft es die Mittelstandsbank IKB. Bund, Bankenwirtschaft und die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) springen mit einem finanziellen Rettungspaket ein. Bis ins Jahr 2008 zieht sich dieser Prozess, an dessen Ende der Verkauf der IKB an den Finanzinvestor Lone Star steht.
Betroffen sind auch deutsche Landesbanken wie die Sachsen LB, die West LB und die Bayern LB.
September 2007
Am 13. September 2007 ist der britische Immobilienfinanzierer Northern Rock am Ende. Verängstigte Kunden des Instituts räumen ihre Konten. Die britische Notenbank rettet die Bank schließlich mit einem Notkredit, der Staat bürgt für alle Einlagen bei Northern Rock.
Die US-Notenbank Federal Reserve senkt die Leitzinsen, auch die Europäische Zentralbank (EZB) pumpt zusätzliche Mittel in den Geldmarkt, damit den Banken kurzfristig Geld zur Verfügung steht.
Oktober 2007 – Januar 2008
Ein Finanzunternehmen nach dem anderen vermeldet hohe Verluste, darunter die Citigroup und die US-Investmentbank Merrill Lynch.
Februar 2008
Der amerikanische Kongress verabschiedet ein Konjunkturprogramm in Höhe von 150 Milliarden Dollar.
März 2008
Das amerikanische Investmenthaus Bear Stearns wird am 14. März kurz vor dem Zusammenbruch an die Bank J.P. Morgan Chase verkauft, die Fed übernimmt bilanzielle Risiken in Höhe von 29 Milliarden Dollar.
Juli 2008
Die kalifornische Hypothekenbank IndyMac bricht zusammen. Die US-Hypothekengiganten Fannie Mae und Freddie Mac geraten immer mehr in Bedrängnis.
September 2008
Die Investmentbank Merrill Lynch wird von der Bank of America aufgekauft, der Versicherungsriese AIG gerät durch Milliardenverluste in akute Geldnot. Die US-Notenbank rettet AIG mit einem Kredit von 85 Mrd. Dollar.
15. September 2008
Als „schwarzer Montag“ geht der 15. September 2008 in die Finanzgeschichte ein. Die amerikanische Investmentbank Lehman Brothers meldet Insolvenz an und löst damit eine beispiellose Panikwelle auf den internationalen Finanzmärkten aus, der Geldfluss kommt nahezu zum Erliegen, die Kreditinstitute leihen sich kaum noch Geld.
21. September 2008
Jetzt melden auch die Investmentbank Goldman Sachs und Morgan Stanley Gewinneinbrüche, die beiden letzten verbliebenen US-Investmentbanken verzichten auf ihren Sonderstatus und werden zu gewöhnlichen Geschäftsbanken.
26. September 2008
Die größte US-Sparkasse Washington Mutual bricht zusammen.
Die US-Regierung kündigt darauf hin ein Rettungspaket in Höhe von 700 Milliarden Dollar an.
29. September 2008
Die Regierungen von Belgien, Luxemburg und den Niederlanden übernehmen für elf Milliarden Euro große Teile des strauchelnden Konzerns Fortis. In Großbritannien wird die Hypothekenbank Bradford & Bingley verstaatlicht, wenig später retten Frankreich, Belgien und Luxemburg den Immobilienfinazierer Dexia vor der Pleite.
Nach langen nächtlichen Verhandlungen steht fest: Bund, Banken und Finanzaufsicht schnüren ein milliardenschweres Finanzierungspaket für den angeschlagenen Münchner Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate und beschließen, mit 35 Milliarden Euro zu bürgen.
3. Oktober 2008
Das 700 Milliarden schwere Rettungspaket der USA wird beschlossen.
5. Oktober 2008
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück garantiert allen Bürgerinnen und Bürgern dass ihre Spareinlagen sicher sind. Das Rettungspaket für die angeschlagene HRE platzt. Die Bundesregierung erhöht daraufhin ihre Bürgschaft auf 50 Milliarden Euro und kann die HRE so vor dem Konkurs bewahren.
7. Oktober 2008
Island steht als erstes Land vor dem Staatsbankrott. Die isländische Regierung übernimmt die gesamte Kontrolle über sein Bankgewerbe.
11. Oktober 2008
Nach dramatischen Kursstürzen an den Börsen beschließen die Finanzminister und Notenbankchefs der G7-Staaten auf einen gemeinsamen Plan, um die internationalen Finanzmärkte zu stärken.
13. Oktober 2008
Die Bundesregierung beschließt ein Rettungspaket für die angeschlagene Finanzbranche. Das Paket umfasst insgesamt bis zu 500 Milliarden Euro und soll so schnell wie möglich Gesetzesform annehmen. Das Paket besteht aus zwei zentralen Elementen: Zum einen aus Hilfen, die Banken durch Garantien gewährt werden (400 Mrd. Euro). Zum anderen gibt es für kriselnde Finanzinstitute Hilfe durch Eigenkapital, das gewährt wird, um die Banken zu stützen (100 Mrd. Euro).
17. Oktober 2008
Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz wird verabschiedet. Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat verabschieden damit ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Stabilisierung des deutschen Finanzmarkts. Die in diesem Gesetz enthaltenen Maßnahmen sind eng mit den Mitgliedsländern der Europäischen Union und den G7-Staaten abgestimmt und beinhalten zahlreiche Bedingungen, die Banken erfüllen müssen, wenn sie staatliche Hilfe in Anspruch nehmen wollen.
20. Oktober 2008
Die Maßnahmen des neuen Gesetzes werden in einer Rechtsverordnung festgelegt und vom Bundeskabinett beschlossen. Bedürftige Banken können ab sofort staatliche Hilfe in Anspruch nehmen, um ihren Kapitalbedarf zu decken.
Ende Oktober / Anfang November 2008
Als erste Bank greift die Bayerische Landesbank auf das Hilfspaket zu, nach anfänglichem Zögern folgen auch andere Finanzinstitute: Die HypoRealEstate ist die erste Privatbank, die Ende Oktober Bedarf anmeldet. Anfang November entschied sich die Commerzbank, das zweitgrößte deutsche Bankinstitut, für eine Kapitalspritze aus dem Sonderfonds und bat um staatliche Garantien. Die Börsenkurse stiegen daraufhin. Wenige Stunden später folgte die Landesbank HSH Nordbank, der Staat gewährt auch ihr die notwendigen Bürgschaften.
5. November 2008
Die Bundesregierung beschließt ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur raschen Überwindung der Konjunkturschwäche und für die Sicherung von Arbeitsplätzen. Statt auf ein breit angelegtes Gießkannen-Prinzip setzt die Bundesregierung auf 15 punktgenaue Maßnahmen, die langfristig sinnvoll, kurzfristig umsetzbar und rasch wirksam sind.
Das Bundesfinanzministerium stellt ein Glossar rund um die wichtigsten Begriffe aus der Finanzwelt zur Verfügung (externer Verweis).
(Quelle/Copyright: Bundesregierung/Bundesfinanzminsterium)
(Foto: geralt;PIXELIO)
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