Berlin/Düsseldorf, 25.07.2018 18:06 Uhr (Finanzredaktion)
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung e.V. hat sich Indikatoren für eine mögliche Preisblasenbildung am Immobilienmarkt näher angeschaut.
Das Verhältnis von Kaufpreisen zu Mieten ist in deutschen Großstädten bedenklich, eine landesweite Preisblase ist aber eher unwahrscheinlich. Beispielsweise halten die Studienautoren Spekulationsblasen im Vereinigten Königreich, in Portugal und in Schweden eher für wahrscheinlich.
"Die Gefahr, dass wieder Immobilienpreisblasen entstehen, die in eine neue weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise münden können, ist real“, sagt der Studienautor und DIW-Immobilienökonom Claus Michelsen. „Die Regulierung der Finanzmärkte ist nicht so weit vorangeschritten, wie man sich das wünschen würde und wie man sich das nach der großen Finanzkrise in den Jahren 2007 und 2008 gegenseitig versprochen hat.“
Für Deutschland signalisieren die von der OECD veröffentlichten Daten spekulative Überbewertungen - so sind seit dem Jahr 2010 die Kaufpreise für Wohnimmobilien im Verhältnis zu den Mieten um 20 Prozent stärker gestiegen. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass die OECD-Daten für Deutschland im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern nur die größten sieben Städte umfassen. „In den großen Städten wie Berlin, München oder Hamburg sehen wir durchaus Entwicklungen, die auf eine Preisblase schließen lassen“, erklärt Konstantin Kholodilin, Ko-Autor der Studie. „Das heißt jedoch nicht zwangsläufig, dass die Entwicklung bundesweit bedenklich wäre.“
Um die Wahrscheinlichkeit einer Preisblase genauer einschätzen zu können, haben die beiden Ökonomen in einer zusätzlichen Untersuchung verschiedene Indikatoren unter die Lupe genommen, die als „Zutaten“ für eine Spekulationsblase gelten. Dazu zählt die Verschuldung des privaten Sektors und der öffentlichen Hand, der langfristige Zins, das Bevölkerungswachstum, das Wirtschaftswachstum und die allgemeine Preisentwicklung. Für Deutschland machen lediglich die sehr niedrigen Zinsen und das vergleichsweise hohe Bevölkerungswachstum, das sich in Zukunft jedoch wieder abschwächen dürfte, eine Immobilienpreisblase wahrscheinlicher.
„Insbesondere die vergleichsweise geringe private Verschuldung hierzulande und die solide Finanzierung von Immobilienkäufen sprechen unter dem Strich gegen eine spekulativ getriebene Fehlentwicklung im gesamten Land“, so Michelsen.
Ein Anlass zum Zurücklehnen sei dies aber keineswegs, betonen die Autoren. Zwar seien der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zusätzliche Instrumente zur Krisenvorsorge an die Hand gegeben worden. Dazu zählt etwa eine Begrenzung des Fremdkapitalanteils bei Immobilienfinanzierungen und Vorgaben zur Tilgung von Krediten. Allerdings darf die BaFin diese Möglichkeiten nur dann nutzen, wenn eine „Gefahrenabwehr“ erforderlich ist. Wann dieser Punkt erreicht ist, bleibt unklar. „Letztlich ist die Regulierung in Deutschland auf halbem Wege stehen geblieben, und das ist nur schwer nachvollziehbar“, warnt Michelsen.
„Es dürfte schwerfallen, mit den derzeitigen Möglichkeiten angemessen auf eine Krise zu reagieren, zumal mit erheblichem Widerstand gegen eine Begrenzung der Kreditvergabe zu rechnen wäre.“ Michelsen und Kholodilin raten der Politik daher, die vorhandenen Instrumente um klare Regeln zu ergänzen und darüber hinaus - gemäß der Empfehlungen des Internationalen Währungsfonds - vor allem das Verhältnis von Verschuldung und Haushaltseinkommen zu deckeln.
(Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. Berlin)
(Foto: Postbank AG)
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