FrankfurtMain/München, 08.09.2017 11:39 Uhr (Robert Halver)
Erst im Schlussquartal 2017 will sich die EZB konkreter zu Änderungen des laufenden Anleiheaufkaufprogramms äußern. UND: Jackson Hole war ein Nonevent. Okay. Aber der Euro steigt weiter. Wie lange noch?
Die EZB bleibt maximal flexibel. Eine Verlängerung ihrer Anleihekäufe wird sie in jedem Fall ankündigen. Das monatliche Aufkaufvolumen wird wohl kaum unter 40 Mrd. Euro fallen und sich nicht zuletzt am Wechselkurs des Euros orientieren: Je stärker er ist, desto weniger wird das Kaufprogramm reduziert.
Ein geldpolitischer Strukturbruch Richtung Restriktion ist dies nicht. Die Liquiditätsversorgung der Eurozone wächst immer noch oberhalb des Niveaus neu hinzukommender Staatsverschuldung. Und mit der Aussage Draghis, er sehe prinzipiell keine systemischen Risiken durch die von der EZB ausgelösten Anlageblasen, unterstreicht er erneut, dass die Normalisierung der Geldpolitik durch die EZB Wunschdenken ist.
Zum Zeitpunkt der nächsten EZB-Sitzung liegen auch die vollständigen Ergebnisse der von ihr einberufenen Arbeitsgruppe vor, die die bisherige Politik von Quantitative Easing und schädliche Nebenwirkungen eines Ausstiegs beurteilen soll. Nicht zuletzt soll dieses Expertengremium einschätzen, wie die EZB ihre Geldpolitik so lange wie möglich freizügig halten kann. Denn bei Verlängerung des Anleiheaufkaufprogramms unter Beibehaltung der bisherigen Aufkaufrestriktionen und -volumina stehen spätestens im Sommer 2018 keine deutschen Staatspapiere mehr zum Ankauf zur Verfügung.
Zur Aufrechterhaltung der Liquiditätsversorgung könnte die EZB bei ihren Aufkäufen jedoch vom bisherigen Kapitalschlüssel - dem Anteil der Euro-Staaten am Grundkapital der EZB - abweichen und stattdessen nach Marktvolumen aufkaufen. Davon würde vor allem das wirtschaftlich angeschlagene Italien mit dem größten Anleihenmarkt der Eurozone profitieren. Erste Abweichungen zugunsten Italiens sind bereits jetzt feststellbar.
Dass sich geldpolitische Planwirtschaft nicht zügig wieder in finanzwirtschaftliche Marktwirtschaft ändern lässt, muss sich mittlerweile auch die US-Notenbank eingestehen. Die Fed-Mitglieder zeigen sich enttäuscht und sogar besorgt, „dass seit fünf Jahren in Folge das Inflationsziel verfehlt wird, obwohl die Auslastung der Wirtschaft stark angezogen hat". Zwar spricht die Fed in ihrem Konjunkturbericht - dem sog. Beige Book - von einer Festigung der moderaten Wirtschaftserholung, muss aber gleichzeitig einen geringen Lohndruck feststellen. Denn der größtenteils im Niedriglohnsektor stattfindende Beschäftigungsaufbau sowie die zunehmende Globalisierung und Digitalisierung behindern lohnseitigen Preisdruck deutlich. Tatsächlich arbeiten die seit Jahresbeginn im Trend abwärts gerichteten, durchschnittlichen Stundenlöhne in den USA der Inflation entgegen.
Der Autor dieses Artikels ist Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. www.bondboard.de
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Redaktion: Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank AG Marc Schlömer, Kapitalmarktanalyse, Baader Bank AG
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