Düsseldorf, 08.03.2018 13:00 Uhr (Klaus Stopp)
Inzwischen hat der Zins zwar seine ursprünglich ihm zugedachte Funktion größtenteils verloren, aber dennoch ist das alle sechs Wochen stattfindende Treffen der europäischen Notenbanker eine gute Gelegenheit, sich neu zu orientieren.
So wird man auch heute wieder gespannt den Worten von Super-Mario lauschen und versuchen zwischen den Zeilen zu lesen, was die Zukunft bringen wird. Nachdem bereits am Dienstag die australische Notenbank den seit dem 2. August 2016 gültigen Leitzins erwartungsgemäß nicht verändert hat, beschlossen die Notenbanken Kanadas und der Türkei zur Wochenmitte, das Gleiche zu tun. Somit stehen in dieser Woche mit der heutigen Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) und am morgigen Tag mit der Bank of Japan (BoJ) noch zwei Zinsentscheide aus, bei denen jedoch ebenfalls keine Änderung erwartet wird.
Geht es bei der BoJ eher darum, den Anlegern schonend den nahenden Ausstieg aus der ultra-akkommodierenden Geldpolitik schmackhaft zu machen, so sind die Notenbanker der EZB schon einen Schritt weiter. Sie müssen sich in den kommenden Wochen und Monaten mit der Feinadjustierung bei der Wortwahl beschäftigen. Denn trotz guter Konjunktur und einer bisher nicht gekannten Mittelzufuhr seitens der Zentralbank, sank die Inflation in der Eurozone im Februar den dritten Monat in Folge. Somit entfernt sie sich immer weiter von dem angepeilten Ziel von 2%. Deshalb ist davon auszugehen, dass an diesem Donnerstag der EZB-Rat an der bisherigen Forward Guidance festhalten wird. Das ist auch die Meinung im Hause Barclays. Deren Analysten erwarten frühestens in der nächsten Sitzung im April ein Abrücken von der bisherigen Aussage einer möglichen Ausweitung der Ankäufe. Im Zuge dieser Anpassung würden auch erst Beratungen über die Weiterentwicklung des Hauptrefinanzierungssatzes nach einem möglichen QE-Ende Sinn machen. Zusammen mit Nomura und Wermuth Asset Management erwarten diese drei Häuser sogar eine erste Zinserhöhung in 2018 - jedoch in sehr unterschiedlicher Ausprägung.
Jedoch steht und fällt eine solche Prognose nicht zuletzt mit der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung in Europa, den USA, Japan und China. Aber auch jede Art protektionistischer Maßnahmen zum Schutze der heimischen Wirtschaft wird nicht ohne Auswirkung auf die Notenbankpolitik bleiben und somit in die Überlegungen mit einzubeziehen sein. Dies hat sogar der Präsident der Fed Atlanta, Raphael Bostic, jüngst angedeutet. Denn seines Erachtens würde ein eskalierender Handelsstreit gegebenenfalls eine Verlangsamung des bisherigen Kurses der behutsamen Zinserhöhungen erforderlich machen.
Doch so weit ist man in der Eurozone noch nicht und hierzulande sind sich alle Marktbeobachter darin einig, dass zuerst das QE-Volumen reduziert wird, bevor man es final einstellt. Und erst anschließend ist der Weg frei für eine Zinsanhebung. Denn inzwischen spielt der Bestand an Anleihen bereits eine größere Rolle als der weitere Ankauf von Papieren. Dadurch hat man Zeit gewonnen, so dass erst die Sitzung am 14. Juni wieder etwas mehr Licht ins Dunkel bringen wird.
Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG.
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