In seinem Wochenausblick für die KW 44 geht Robert Halver unter anderem auf die Entwicklung an der Börse ein und nimmt sich das Thema Brexit vor. Das Praxismagazin für Finanzthemen Onlineausgabe des Printmagazins Finanzen Markt & Meinungen.

 
 
25.10.2019 14:43 Uhr
FINANZEN ANALYSE FÜR ANLEGER

Robert Halver Wochenausblick Börse und Konjunktur sowie Brexit

FrankfurtMain/München, 25.10.2019 14:43 Uhr (Robert Halver)

Chart­technik DAX - Wie weit trägt die Rallye? Dieser und anderen Fragen geht der Experte für Börse und Wirt­schaft Robert Halver für die kommende KW 44 nach.

Informationen zum Autor:
Halver Robert
Robert Halver ist Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. Bereits seit 2012 berichtet er auf FMM-Magazin.de über die Geschehnisse an den Börsen. Baader betreut an den Börsenplätzen Frankfurt, München, Stuttgart, Düsseldorf und Berlin u.a. den Handel mit Aktien, Anleihen, Derivaten und Fonds.

In politisch schwierigen Börsenzeiten stabilisiert das „lower for longer“ der EZB ohne Zweifel die europäischen Aktienmärkte via Liquiditätshausse.

Auf politischer Ebene hat das britische Parlament den Vorstoß Johnsons abgelehnt, die für den EU-Austritt notwendige nationale Gesetzgebung im Laufe dieser Woche abzuschließen. Der Brexit zum 31. Oktober fällt damit aus. Allerdings stimmten die Parlamentarier dem von Johnson und der EU veränderten Brexit-Vertrag im Grundsatz zu. Und die EU hat bereits ihre Zustimmung zu einer Fristverlängerung - mutmaßlich einer „Flextention“, die neben einer grundsätzlichen Fristverlängerung auch einen flexiblen Austritt erlaubt - signalisiert.

Vor diesem Hintergrund fordert Premier Johnson nun Neuwahlen am 12. Dezember. Damit liefert Johnson der EU die nötigen Argumente, um einer Fristverlängerung zuzustimmen. Dabei will er den Brexit-müden Briten vermitteln, dass nur er einen für Großbritannien guten Brexit-Deal mit der EU vereinbart hat. Und nur die parlamentarische Opposition sei mit ihrer Dauerrenitenz dafür verantwortlich, dass er sein Versprechen eines Brexit zum 31. Oktober nicht halten konnte. In Umfragen liegt Johnsons Conservative Party vorn. Damit ist ein zweites Referendum unwahrscheinlich geworden, das Johnson sowieso ablehnt. Die Labour Party, die unter ihrem Chef in Brexit-Fragen mit gespaltener Zunge spricht, ist sich dieses Wahlrisikos aber bewusst, sodass sie Neuwahlen zumindest vorerst nicht zustimmt und insofern die dazu erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht erreicht wird. Vorerst werden weitere Grabenkämpfe im Parlament lebendige Beweise für den einzigartigen britischen Humor liefern.

Insgesamt ist das Risiko eines No Deal-Brexit weitgehend verschwunden. Denn mit Blick auf „seinen“ Brexit-Deal kann Johnson kein Interesse mehr an einer schmutzigen Scheidung von der EU haben. Der Brexit mit Deal ist aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Stabile britische Aktien und rückläufige Schwankungen des britischen Pfunds zum Euro unterstreichen die rückläufige Verunsicherung.

Zwischenzeitlich sorgen versöhnliche Töne im US-chinesischen Handelskrieg für aufkeimende Konjunkturhoffnungen. Dass Trump im November 2020 als US-Präsident wiedergewählt werden will, spricht für eine zumindest kleine Lösung des Konflikts, die auch China aufgrund weniger opulenter Wirtschaftsaussichten befürwortet. In Anbetracht der gewaltigen Investitionsbudgets von Unternehmen, die aus handelskriegerischer und Zoll-Verunsicherung nicht abgerufen werden, wird jede nennenswerte Befriedung einen massiven Investitionsimpuls bedeuten, der sich in einer Jahresendrallye fundamental niederschlüge.

Robert Halver Artikel Börse Trends Macro Risk Index

Positiv zu bemerken ist, dass die angelaufene Berichtsaison in den USA für das III. Quartal deutlich weniger enttäuschend verläuft als befürchtet.

Insgesamt herrscht aus Sentimentsicht an den Aktienmärkten zwar gute Laune. Auch der von Citigroup veröffentlichte Macro Risk Index signalisiert wieder mehr Risikofreude der Anleger.

Überhitzungen oder Euphorie sind allerdings nicht zu beobachten. Denn in den Zukunftserwartungen der Anleger äußert sich noch Skepsis über die Nachhaltigkeit der Aktienrallye, was sich ebenso in einer geringen Investitionsquote unter US-Fondsmanagern bemerkbar macht.

Charttechnik DAX - Wie weit trägt die Rallye?

Der DAX trifft bei fortgesetzter Aufwärtsbewegung bei 12.914 Punkten auf ersten Widerstand. Es folgen weitere Hürden bei 13.170 und 13.204. Bei einer Gegenbewegung trifft der Index auf Unterstützungen bei 12.804 und 12.698. Werden diese unterschritten, droht der Index bis zu den Marken bei 12.604 und darunter 12.408 Punkten zurückzufallen.

Börse und Konjunktur Wochenausblick für die KW 44 - Aller guten Dinge sind drei Fed-Zinssenkungen

In China signalisieren sowohl die offiziellen Einkaufsmanagerindices für das Verarbeitende und Dienstleistungsgewerbe als auch die von der privaten Finanznachrichtenagentur Caixin veröffentlichte Industriestimmung eine Konjunkturstabilisierung auf niedrigem Niveau.

In den USA unterstreichen schwächere BIP-Daten für das III. Quartal die Konjunkturverlangsamung, die sich bereits in vergleichsweise kraftlosen US-Arbeitsmarktdaten bemerkbar macht. Immerhin signalisiert der ISM Index eine Stabilisierung der US-Industriestimmung auf dem aktuell niedrigen Niveau. Vor diesem Hintergrund wird die Fed auf ihrer Sitzung die Notenbankzinsen zum dritten Mal in Folge auf 1,75 Prozent senken und ein erneutes Aufkaufprogramm für kurzlaufende US-Staatsanleihen beschließen.

Robert Halver Börse Trend Entwicklung Zinsen

In der Eurozone bleibt der Inflationsdruck gemäß Vorabschätzungen für Oktober kraftlos, während der von der EU-Kommission ermittelte Konjunkturklima-Indikator auf verhaltene Wirtschaftsperspektiven hindeutet.

In Deutschland deuten die Einzelhandelsumsätze für September auf eine Konsumabschwächung hin.

Der Autor dieses Artikels ist Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. www.bondboard.de

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Herausgeber:
Baader Bank AG
Weihenstephaner Str. 4
85716 Unterschleißheim
Deutschland
www.baaderbank.de

Redaktion:
Robert Halver,
Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank AG
Marc Schlömer, Kapitalmarktanalyse, Baader Bank AG

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